Geschichte der REALSCHULE

Aus der geistigen Entwicklung und der wirtschaftlichen Notlage Deutschlands nach dem 30-jährigen Kriege erwuchs die Forderung „realer Kenntnisse“ im Geiste Comenius‚ („res, non verba“). So entstanden die ersten selbstständigen Realschulen mit entscheidender Hinwendung auf das praktische Leben. August Hermann Francke, geb. 1663 in Lübeck, gestorben 1727 in Halle an der Saale, wirkte als Theologe und Pädagoge in Leipzig und Halle. In seinem „Entwurf der gesamten Anstalten“ legte er 1699 den Grundstein für die Realschule. Zwischen Armenschule (= Volksschule) und Pädagogium (= Gymnasium) stellte er eine mittlere Schule für diejenigen Kinder, die „die Studia nicht kontinuieren“. Der evangelische Theologe Christoph Semler (1669-1740), ein Prediger und Lehrer bei Francke, eröffnete 1708 in Halle die erste „mathematisch-mechanisch-ökonomische Realschule“, die aber 1739 wieder geschlossen wurde. In Berlin gründete Johann Hecker (1708-1768), ebenfalls ein evangelischer Theologe, im Jahre 1747 eine ökonomisch-mathematische Realschule. Diese sollte solche Schüler bilden, die „unlateinisch“ bleiben und sich dem Geschäftsleben widmen wollen. In den folgenden Jahren wurde die auf das Praktische abgestimmte Ausbildung aufgegeben. Die Realschule in Preußen vermittelten eine allgemeine Vorbildung für die gehobenen Berufe des bürgerlichen Lebens. In einer „vorläufigen Instruktion“ führte die preußische Regierung Latein und, dem Zeitgeschmack entsprechend, Französisch als Pflichtfach ein. Damit verwandelte sich die bisher eigenständige Realschule in eine höhere Schule. Danach gab es die eigenständige Realschule, die eine über die Volksschule hinausführende Allgemeinbildung im Hinblick auf das praktische Berufsleben gab, nicht mehr.

Nach dem 1. Weltkrieg entstanden wieder eigenständige „Mittelschulen“. Sie sollten eine über die Volksschule hinausgehende Bildung vermitteln und begabte Schüler für gehobene Berufe vorbereiten.

Nach dem 2. Weltkrieg war es erneut notwendig, das gesamte Schulwesen neu aufzubauen. 1946/47 erarbeitete B. Deermann im Kölner Raum eine Reform der grundständigen sechsstufigen Mittelschule und gestaltete sie zur Realschule um, die sich rasch durchsetzte.

In Baden-Württemberg entwickelten sich bisher die meisten Realschulen, zunächst in Form von Realschulzügen an Hauptschulen, die später zu eigenständigen Realschulen wurden.

Die Realschulen in Baden-Württemberg haben in der Schullandschaft einen hohen Stellenwert und etwas mehr als die Hälfte aller Abiture werden an Beruflichen Gymnasien von ehemaligen Realschülern abgelegt.